1. Jedes Wesen kann nur in seiner Eigenheit gut sein.

Vorurteilsbeladene Hundehasser, die alle Hunde und deren Halter über einen Kamm scheren, sind den meisten Hundehaltern bekannt. Beinahe täglich begegnen wir Menschen, die weder uns noch unseren Vierbeinern wohl gesonnen sind. Im besten Fall werfen sie uns erniedrigende Blicke zu und versuchen uns mit Halbwahrheiten zu belehren, im schlimmsten Fall beschimpfen sie unsere Lieblinge als „Dreckstölen“, „Scheißköter“ oder legen gar Giftköder aus, die zu einem elendigen Tod unserer geliebten Fellnasen führen.

Aber woher kommt dieser Hass gegenüber den Vierbeinern eigentlich? Hass, so bin ich mir sicher, wird keinem Menschen angeboren. Hass wird erlernt. Teilweise durch Erziehung — ihr wärt überrascht, wie oft ich Eltern begegne, die ihren Kindern einreden, dass alle Hunde beißen und böse sind — teilweise durch negative Erfahrungen, denen wir in der Vergangenheit ausgesetzt waren. Wir Menschen sind vorwiegend negativ gepolt. Das heißt, negative Erfahrungen prägen uns stärker und bleiben uns länger im Kopf, als positive Erfahrungen. Es ist also davon auszugehen, dass mancher Hundehasser eine unliebsame Erfahrung mit einem Vierbeiner machte. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn im Alltag begegne ich selbst oft „verantwortungslosen Hundehaltern“, deren „scheiß egal“ Einstellung ich nur noch ein Kopfschütteln entgegenbringen kann.

Rechtfertigt diese Erklärung das Verhalten der Hundehasser? Nein, natürlich nicht. Denn nicht jeder Hundehalter ist verantwortungslos genauso wenig, wie jeder Hund aggressiv oder unerzogen ist. Lebewesen sind Individuen und kein Hund oder Hundehalter gleicht dem andren. Alle über einen Kamm zu scheren, wäre genauso ignorant wie zu behaupten, dass „alle Deutschen Nazis sind“ oder „alle Männer Sexisten seien“.

Ein verantwortungsvoller Hundehalter braucht keine Belehrung. Sein Hund muss nicht immer und überall angeleint sein, denn selbst zur Brut- und Setzzeit in den Wäldern Baden-Württembergs besteht kein Leinenzwang, solange der Hund abrufbar ist. Die Natur gehört auch nicht ausschließlich Joggern oder Radfahrern, sie gehört uns allen und wenn Sie einen Hundehaufen auf dem Weg sehen, dann schimpfen Sie doch bitte den, der ihn nicht weggeräumte, statt Ihre Wut an allen Hundehaltern auszulassen.

Zur kurzen Erklärung: In diesem Artikel geht es nicht um ein „wir“ gegen „euch“, sondern um ein respektvolles Miteinander, das es uns erlaubt, gemeinsam die Schönheit der Welt zu genießen. Um dies zu erreichen, ist es wichtig sowohl seine Rechte, als auch seine Pflichten als Hundehalter zu kennen, damit wir endlich mit diesen schrecklichen Vorurteilen aufräumen können und unsere Hunde nicht länger als „Dreckstölen“ beschimpft werden.

2. Mutter Natur ist für uns alle da!

Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und die Wanderpfade sind dicht mit Familien, Radfahrern, Joggern und anderen Naturliebhabern besiedelt, die das wundervolle Wetter genießen wollen. Mein Hund und ich, die wir jene Pfade täglich — bei Regen, Schnee und Stürmen bewandern — machen uns auf den Weg, um wie alle anderen die Schönheit von Mutter Natur zu genießen. Dabei erheben wir keine besonderen Ansprüche, weil wir diese Wege öfters bewandern als die meisten anderen, aber wir mögen es auch nicht gern, wenn uns Mitmenschen mir mit ihren Blicken sagen „Was wollt ihr den jetzt hier? Könnt ihr euch nicht einen anderen Weg suchen?“.

Ich wurde zur Rücksicht erzogen und so ist es für mich normal, dass ich meinen Hund absitzen lasse, wenn Kinder, Jogger, Radfahrer, Spaziergänger oder Reiter uns passieren. Viele Menschen bedanken sich für so viel Rücksichtnahme und mir geht dabei jedes Mal das Herz auf. Leider kommt es mindestens genauso oft vor, dass mein Hund und ich böse Blicke ahnden oder manchmal gar dumme Sprüche kassieren. Das wiederum treibt mich zur Weißglut, denn mein Hund und ich haben genauso viel Recht die Natur zu genießen, wie alle anderen.

Felder, Wiesen und Wälder sind für ALLE da und laut den Verordnungen unseres schönen Baden-Württembergs darf mein Vierbeiner hier ebenso frei und ganz ohne Leine laufen, wie alle anderen Naturliebhaber. Dass diese Freiheit dem einen oder anderen zu schaffen macht, weil er in der Vergangenheit eine negative Erfahrung mit einem anderen Hund gemacht hatte, ist traurig und tut mir im Herzen weh. Doch diese Erfahrung darf kein Grund sein, ALLE Hunde und deren Halter zu diskriminieren. Mal ehrlich, wer von uns hat noch keine negative Erfahrung mit einem anderen Menschen gemacht? Aber nur weil „Hans“ ein Idiot war, verteufeln wir doch nicht gleich die ganze Menschheit oder? Warum also sollten wir das mit Hunden und deren Haltern tun? Sehen Sie also das nächste Mal einen Hund, der brav bei seinem Halter sitzt und wartet, bis sie vorbeigegangen sind, denken Sie doch mal daran, ein kurzes „Danke“ zu zurufen, denn der Hund sitzt, damit Sie unbehelligt und angstfrei passieren können.

3. Die Geschichte vom Hund und Radfahrer.

Ist mein Hund frei und ich sehe einen Radfahrer, rufe ich ihn natürlich ab. Das gehört einfach zum guten Ton und ich würde von keinem Radfahrer erwarten, dass er sich an mir und meinem Hund vorbeischlängelt. Außerdem besitze ich Empathie. Ich weiß, dass manche Radfahrer Angst haben, und setze meine Mitmenschen nur ungern Situationen aus, in denen sie sich unwohl fühlen.

Was ist also das Problem? Ganz einfach, ich kann meinen Hund eben nur abrufen, wenn ich den Radfahrer sehe oder zumindest höre. Leider machen sich manche Radfahrer überhaupt nicht bemerkbar und vergessen, dass ihr Gefährt eine Klingel besitzt. Sehe oder höre ich den Radfahrer nicht rechtzeitig, kann ich auch meinen Hund nicht rechtzeitig abrufen und das wiederum ist ein Problem. Denn rufe ich meinen Hund ab, wenn das Fahrrad schon auf meiner Höhe ist, besteht das Risiko das es zur Kollision zwischen meinem Vierbeiner und dem Radfahrer kommt. Meine Bitte also an alle Radfahrer NUTZT EURE KLINGEL! Radfahrer nehmen nämlich am Straßenverkehr teil und haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Damit Hundehalter und Radfahrer ihren Pflichten nachkommen können, müssen beide Rücksicht üben.

Zu dieser Rücksicht gehört auch, dass der Radfahrer nicht zu dicht an meinem Hund vorbeifährt, ob dieser nun angeleint ist oder nicht. Hunde erschrecken sich schnell und beim zu dichten Vorbeifahren, kann das böse Folgen für Hund und Radfahrer haben. Mein Hund könnte ins Rad springen und sowohl den Radfahrer, als auch sich selbst verletzen. Dieses Fiasko lässt sich allerdings mit ein wenig Rücksicht vermeiden und wir wollen ja nicht vergessen, dass Radfahren und Reiten aus gutem Grund nur auf 2 Meter breiten Wegen erlaubt ist.

4. Das Bambam Dilemma.

Mal im Ernst: Keiner tritt gerne in einen Hundehaufen. Klar also, dass „Scheisshaufen“ auf Grünstreifen, die nicht nur unappetitlich anzusehen sind und oft stinken, einer der größten Streitpunkte sind.

Aber ist es denn wirklich ein Streitpunkt? Ich liebe Hunde, aber auch ich finde es gar nicht toll, wenn ich mit meinen neuen Sneakers in die Hinterlassenschaften eines Vierbeiners trete oder wenn ich Kotbeutel im Gebüsch — statt im Mülleimer — vorfinde. Hundehalter, die einen Scheiß auf das ordnungsgemäße entsorgen von „Scheißhäufen“ geben, erfreuen sich also weder unter Hundehaltern noch Hundelosen Menschen großer Beliebtheit.

Die meisten Städte stellten in den letzten Jahren Hundestationen auf, wo Hundebesitzer nicht nur mit Kotbeuteln versorgt werden, sondern auch gleich einen Mülleimer zur Entsorgung des Kots vorfinden. Ausreden wie „hier ist aber kein Mülleimer“ lasse ich daher nicht gelten. Auch Aussagen wie „ich trag die Scheiße doch nicht den ganzen Spaziergang herum“ nerven mich, denn auch das ist für mich einfach nur eine Ausrede fauler Zeitgenossen.

Gehe ich mit meinem Hund raus, machen wir oft Rundwege. Entleert sich mein Hund, dann sammel ich seinen Kot auf, knote die Tüte gut zu und lasse sie am Wegrand stehen, um sie auf dem Heimweg im dafür vorgesehenen Mülleimer zu entsorgen. Ich schmeiße die Tüte also nicht ins Gebüsch, lasse sie auch nicht am Wegrand stehen, sondern räume sie auf. Schließlich bin ich zu Gast bei Mutter Natur und man hat mir schon als Kind beigebracht, dass man seinen Gastgeber mit Respekt behandelt. Seinen Müll stehen zu lassen, ist nur respektlos.

5. Leine oder keine Leine, das ist hier die Frage.

Baden-Württemberg ist nicht nur eines der schönsten, sondern auch eines der hundefreundlichsten Bundesländer. Mit der Ausnahme einiger Sonderregelungen von Städten und Gemeinden genießen unsere vierbeinigen Freunde hier ein ganzjähriges frei lauf Privileg. Das bedeutet natürlich nicht, dass unsere Hunde nach belieben über landwirtschaftlich genutzte Felder rasen dürfen und dabei die Ernte der Landwirte zerstören dürfen. Es bedeutet auch nicht, dass sie links und rechts durchs Unterholz rennen dürfen und dabei gar noch Wild jagen. Nein, es bedeutet, dass unsere Hunde das Recht haben, sich frei zu bewegen, wir aber in der Pflicht stehen, sie dabei stets zu kontrollieren.

Hunde dürfen also frei laufen, dabei müssen sie aber stets auch ohne Leine abrufbar und kontrollierbar sein und dürfen keinesfalls zum „Schrecken“ anderer werden. Mit anderen meine ich übrigens nicht nur Radfahrer, Jogger, Spaziergänger oder Reiter. Ich meine ALLE und dazu gehören auch andere Hunde, Wildtiere, Weidetiere und alle anderen Lebewesen, mit denen wir uns diese schöne Welt teilen. Ob Sie es glauben oder nicht, auch mein Hund findet es alles andere als toll, wenn ein Artgenosse aus heiterem Himmel ohne Leine auf ihn zu rennt und dabei seinen schreienden und kreischenden Besitzer völlig ignoriert. Begegnungen wie diese enden im besten Fall mit einem Schock für meinen Hund, im schlimmsten mit einem Tierarztbesuch. Ist Ihr Hund also nicht abrufbar, führt kein Weg an einem Schleppleinentraining vorbei! Und wenn alle Stricke reisen und Ihr Hund mal einen schlechten Tag hat oder Sie selbst unachtsam waren, dann reicht oft schon eine ehrliche Entschuldigung, denn Fehler sind genauso menschlich wie Vergebung.

Zum guten Ton gehört es auch, meinen Hund sofort anzuleinen, wenn mir jemand begegnet, der Angst hat und mich deshalb nett darum bittet. Schreien Sie mich allerdings grundlos an, obwohl mein Hund neben mir bei Fuß läuft und keine Seele behelligt, hört auch mein Verständnis auf. Respekt ist keine Einbahnstraße und wenn Sie diesen von mir und meinem Hund erwarten, dann erwarte ich ihn auch von Ihnen.

Natürlich muss ich nicht immer darum gebeten werden, meinen Hund anzuleinen. Begegne ich beispielsweise Kindern, Reitern oder anderen Vierbeinern, rufe ich meinen Hund selbständig ab und leine ihn an. Warum? Weil die Situation für mich dann unvorhersehbar wird und wir alle wissen, dass Kinder, Pferde und Hunde oft unberechenbar in ihrem Verhalten sind. Um dem Stress aus dem Weg zu gehen und kein unnötiges Fiasko zu provozieren, leine ich meinen Hund kurz an und erbitte mir aber gleichzeitig auch von meinen Gegenübern, eine gewisse Distanz zu wahren.

Zuletzt kann ich jedem Hundehalter nur eine Hundehaftpflicht ans Herz legen, denn wir nehmen ja auch nicht unversichert am Straßenverkehr teil, nicht wahr?

6. Hunde müssen doch andere Hunde lieben. Oder?

Hand aufs Herz: Mögen Sie jeden Menschen, dem Sie begegnen? Vermutlich nicht und das ist auch völlig legitim, denn wir sind eben alle Individuen und können uns nicht immer riechen. Warum also erwarten wir das von unseren Vierbeinern? Sind sie nicht ebenso individuell, wie wir?

Hunde suchen sich ihre Freunde genauso sorgsam aus, wie wir Menschen das tun und während sie mit dem einen Artgenossen gut klar kommen, ist ihnen der andere ein Dorn im Auge. Und wissen Sie was? Auch bei unseren Hunden ist es völlig legitim, dass sie nicht jeden sofort in ihren inneren Zirkel lassen, denn auch Hunde müssen Vertrauen aufbauen, eben genau wie wir Menschen.

Kommt also ein fremder Hund ungebremst auf meinen zugerast, findet der das gar nicht toll. Da kann der Besitzer noch so oft „er will nur spielen“, rufen, meinem Hund imponiert das nicht und wissen sie auch warum? Weil mein Hund die Körpersprache seines Artgenossen lesen kann — eine Fähigkeit, die nur die wenigsten Hundehalter ebenfalls beherrschen — und binnen weniger Augenblicke versteht, dass sein Gegenüber eben nicht „nur spielen“ will. Das geht dann auch ganz schnell mal ins Auge.

Es gibt auch ganz viele Hunde, die aus den unterschiedlichsten Gründen (Krankheit, Alter, Läufigkeit, schlechte Erfahrungen, reaktives Verhalten, Jagdtrieb etc.), immer angeleint sein müssen und keinen Kontakt mit anderen Vierbeinern haben dürfen. Kein Hundehalter, der den Kontakt verweigert oder den Hund an der Leine führt, muss sich bei Ihnen dafür rechtfertigen. Oder rechtfertigen Sie sich, wenn Hilde von neben an ihnen ungefragt durch die Haare streicht und Sie sie bitten das zu unterlassen? Nein. Hab ich mir gedacht.

Läuft mein Hund also frei und ich sehe einen Artgenossen in der Ferne, dann leine ich meinen Hund ohne zu zögern und kommentarlos an. Das gehört eben zu einem rücksichtsvollen miteinander und kann so manchen „Hundekampf“ vereiteln. Umgekehrt erwarte ich das übrigens auch von meinem Gegenüber! Sollten die beiden sich dann tatsächlich gut riechen können, und die Chemie zwischen uns auch passen, können wir gerne mal zusammen laufen. Und wenn nicht, dann geht eben jeder seines Weges, wie das im wahren Leben eben so ist.

Aha, ja und hier noch ein kleiner Tipp. Sollte ihr Hund nicht abrufbar sein und stets machen, was er will, bringt es weder Ihnen noch mir etwas, wenn Sie mich mit Sprüchen wie „der ist harmlos“, oder „Hunde klären das unter sich“ zu beschwichtigen versuchen. Ob er nämlich harmlos ist oder nicht, hängt meist davon ab, wie mein Hund reagiert und wenn die Hunde das „unter sich klären“ kann das ganz schnell in einem Blutbad enden, wobei einer der beiden Vierbeiner den kürzeren ziehen wird. Ihre Kinder würden Sie doch auch nicht alles „unter sich klären“ lassen, oder?

7. Hunde sind Teil unserer Wirtschaft

Die Haltung von Hunden ist in unserem Land steuerpflichtig. Diese Steuer wird nicht zwangsläufig für das Errichten von Kotstationen genutzt, sondern kann von der jeweiligen Stadt/Gemeinde je nach Bedarf eingesetzt werden. Im Klartext bedeutet das: Unsere Hunde helfen dabei Freibäder instandzuhalten, Kinderspielplätze zu erhalten und andere allgemeine Zwecke zu unterstützen.

Das ist natürlich nicht alles, denn die meisten Hundehalter lieben ihre Vierbeiner und geben jede Menge Geld für ihr Wohlbefinden aus. Kein Wunder also, dass der Heimtiermarkt 2019 über 5,6 Milliarden Euro umsetzte. Damit ist mein Hund keine „Scheißtöle“, sondern ein Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze schafft und erhält.

8. Ohne Hund geht nichts mehr rund.

Mich hat mal jemand gefragt, was das Schwierigste am Halten eines Hundes ist. Die Antwort war simpel: „Ihn zu verlieren.“

Mein Hund ist nicht nur ein treuer Freund, sondern ein vollwertiges Mitglied meiner Familie. Er tröstet mich, wenn es mir schlecht geht. Er bringt mich zum Lachen, wenn ich nach einem harten Tag nachhause komme, und er begleitet mich durchs Labyrinth des Lebens, ohne dabei jemals mehr zu fordern, als meine Liebe, meine Zeit und ein wenig Futter.

Klar ist nicht jeder zum Hundehalter geboren und das ist auch okay. Aber bevor Sie meinen Hund als „Scheißköter“ oder „Dreckstöle“ bezeichnen, möchte ich Sie bitten, sich nur einen Moment Zeit zu nehmen und sich zu fragen, was die Welt ohne Hunde wäre. Hunde sind nicht nur flauschige Fellnasen, sie bringen sich nützend in die Gesellschaft ein, ob das nun als Polizeihund, Rettungs- und Suchhund, Therapiehund oder Blindenhund ist — die Vierbeiner sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken.

Sie müssen meinen Hund also nicht lieben, aber Sie müssen ihn respektieren! 

Von Nadine Buscher, Siegfried Baumgartl und Nadine Derer


Hundeliebe geht durch den Magen

 

Welcher Hundeliebhaber kennt es nicht? Der leidige Besuch im Futtermittelfachgeschäft, bei dem man stundenlang vor den überfüllten Regalen steht und sich im Dschungel der Futtermittelhersteller regelrecht verliert? Nassfutter, Trockenfutter, BARFEN, Bio-Hundefutter, Natur-Futter, hoher Fleischanteil, ohne Getreide, Hypoallergen... Ja, sogar veganes Futter gibt’s es heutzutage in den Regalen der lokalen Geschäfte oder im online Shop unseres Vertrauens zu kaufen. Doch mal im Ernst, wer soll denn da noch durchblicken? Die Antwort ist simpel: Keiner. Und wen fragen wir, wenn wir im Dickicht der Futtermittelhersteller den Überblick verlieren? Die nette Verkäuferin etwa, die von ihrem Geschäftsführer freundlich daraufhin gewiesen wurde, wie wichtig es doch sei Hauseigene Produkte an den Mann zu bringen? Oder etwa unseren Tierarzt, der teilweise Sponsor-Verträge mit bestimmten Marken abgeschlossen hat? 

Tatsächlich gibt es keine einfache Antwort auf diese Frage. Dennoch ist es wichtig, dass wir uns damit beschäftigen. Denn die goldene Regel „du bist, was du isst“ trifft nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf seinen treusten Begleiter — unsere Schnüffelnasen — zu. Und genau aus diesem Grund möchten wir mit diesem Artikel den Dschungel der Futtermittel etwas lichten. Damit uns das gelingt, vorweg schon mal Worte der Mahnung: Das eine, richtige Futter gibt es nicht. Vielmehr sollte uns klar sein: Gut ist, was dem Hund guttut. 

Aber welche Ernährung tut unserer Schnüffelnase den nun gut? In diversen online Foren scheiden sich bei dieser Frage meist die Geister. Hier gibt es diverse Meinungsunterschiede, so begegnen wir u.a. den hardcore BARF Verfechtern, die auf die Biologisch Artgerechte Roh Futter Fütterung schwören und jeden verteufeln, der seinem Hund Dosen- oder Trockenfutter vor die Nase stellt, aber auch die Veganer, die sich oft selbst vegan ernähren und als Argumente in Indien lebende Hunde, die von Hindus oft vegetarisch oder vegan ernährt werden, oder die aus Mali stammende Azawakhs Rasse, die von den Tuareg ausschließlich mit Gerste und Ziegenmilch gefüttert werden, als Beispiel benennen. Beide Gruppierungen scheinen auf den ersten Blick starke Argumente für ihre Futtermethode zu haben und sie mögen auch nicht ganz unrecht haben, doch wichtig ist zu wissen, das BARFEN nicht bedeutet, dem Hund nur Muskelfleisch zu füttern. BARFEN sollte immer ausgewogen sein und die Ernährung beinhaltet somit nicht nur Muskelfleisch, sondern auch mal Innereien wie Herz und Leber sowie Gemüse und Obst. Entscheidet man sich also für diese Art der Fütterung, so muss man sich zunächst eingehend mit den Do’s und Don’ts dieser Methode auseinandersetzen, um der Schnüffelnase dann einen ausgewogenen Ernährungsplan (am besten mit Hilfe eines Spezialisten) zu erstellen. Genauso verhält es sich auch mit der veganen Methode. Spezifische Rassen wie die Azawakhs wurden im Laufe der Zeit so gezüchtet und benötigen tatsächlich nicht unbedingt Fleisch, wendet man dieses Konzept jedoch ohne Futterzusatzmittel wie Vitamin B12 beim Labrador an, so kann es schnell passieren, dass unser Schatz beim Gassi gehen einen Ohnmachtsanfall erleidet und wir ihn mit Todesangst zur nächsten Tierklinik fahren müssen. 

Der Punkt ist also: es gibt ihn nicht, den ultimativen Ernährungsplan. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir unserem Liebling durch eine gesunde Ernährung nicht erheblich das Leben verlängern können. Und wenn wir ehrlich sind, ist das doch alles, was wir uns wünschen. Mehr Zeit mit unserer Schnüffelnase. Damit uns das gelingt, müssen wir vorwiegend auf die Darmflora unseres Lieblings achten. Denn die oberste Regel besagt: Nur ein Hund mit einer gesunden Darmflora ist auch gesund. 

Ein Hund mit einer gesunden Darmflora kann nämlich so gut wie alles verwerten. Die wirklich wichtige Frage ist also: Wie halte ich die Darmflora meines Vierbeiners gesund? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir zunächst mal das Verdauungssystem unseres Lieblings verstehen. Prinzipiell gilt: Hunde sind Aasfresser. Für uns Laien bedeutet das, dass der Verdauungstrakt unseres Hundes dafür ausgerichtet ist, mit ziemlich widerwertigen Dingen fertig zu werden und sich im Notfall auch recht schnell von jenen Dingen zu befreien. Hierzu eine kleine Anekdote: Wie jeder Hundebesitzer, der seinen Wuffi liebt, inspiziere auch ich regelmäßig die Hinterlassenschaften meiner Lieblinge. Als ich das eines Tages tat, traf mich fast der Schlag. Im Kot meines Schatzes war nämlich Blut. Kein getrocknetes, sondern frisches rotes Blut. Natürlich verlor ich keine Zeit, packte ihn in mein Auto und brachte ihn zum Tierarzt. Dort wurde mir dann ans Herz gelegt, dass Blut im Stuhlgang nur selten ein Grund zur Sorge bei Hunden ist. In der Mehrheit der Fälle ist es nämlich ganz normal, im Kot des Hundes (ja, sogar teilweise im Erbrochenen) Blut zu sichten. Die Schleimhaut eines Hundes blutet nämlich viel schneller als die menschliche und in den meisten Fällen ist es eine normale Reaktion des Hundekörpers auf einen Erreger. Der Hund stößt nämlich die vom Erreger betroffene Schleimhaut ab, blutet mal richtig und baut dann die benötigte Schleimhaut wieder auf. Ja, der Hundekörper ist ein kleines Wunder, denn im Anschluss geht es unserem Schatz wieder blenden. Weißt ihr Hund also mal diese Symptome auf — ist sonst aber top fit und munter — gibt es erstmal kein Grund, sich das Schlimmste auszumalen. Ebenfalls wichtig zu wissen, ist, dass es zum Rudelsystem der Hunde gehört, dass ausgewaschene Tiere das vorverdaute Futter für Welpen erbrechen. Jetzt erklärt sich Ihnen vielleicht auch, weshalb sie ihren Liebling schon dabei erwischt haben, wie er sein eigenes erbrochenes wieder gefressen hat. Der Magen eines Hundes ist um das 5- bis 7-fache erweiterbar, da er im Notfall viel fressen kann, um dann auch mal ein paar Tage ohne Futter auszukommen. Denken Sie an den Ahnen ihres Lieblings — den Wolf. Hunde brauchen also keine regelmäßigen Futterzeiten (Vorsicht: wir sprechen hier von gesunden Hunden, die an keinerlei Vorerkrankungen leiden!!) und in manchen Fällen können diese gar mehr Stress als Entspannung hervorrufen, denn Hunde können viele Tage ohne Futter auskommen und so ist es kontraproduktiv ihnen auf Biegen und Brechen das Futter hinterherzutragen. Vor allem läufige Hündinnen oder Rüden, in deren Umfeld eine läufige Hündin lebt, verweigern gerne mal das Futter und das ist völlig legitim. Wenn ihr Liebling also mal nicht frisst, aber top fit ist, ist alles im grünen Bereich.  

Doch nun zurück zur eigentlichen Frage: Wie halte ich denn nun die Darmflora meines Vierbeiners gesund? Die Antwort ist simpel: Indem man ihn täglich mit dem Konfrontiert, was er zum überleben braucht.  Und das ist im Falle eines Hundes so ziemlich alles. Die Darmflora muss gefüttert und gefördert werden. Den Schatz von allen Bakterien und Erregern fernzuhalten, ist also eher schädlich, auch wenn es natürlich gut gemeint ist. Und hier kommt schon das erste Problem: Hypoallergenes Futter, zu dem heutzutage zu schnell gegriffen wird. Dieses Futter sollte nur Hunden vorbehalten sein, die Krankheitsbedingt keine andere Wahl haben. Bei sonst gesunden Hunden schadet es nämlich mehr, als dass es hilft. Dieses Futter sollte also auf keinen Fall benutzt werden, weil Besitzer zu bequem sind, eine Lösung für das Futterproblem zu suchen.  

Nun zu dem Mythos: mein Hund muss immer das gleiche Futter fressen. Der ist genauso absurd, wie der Glaube daran, dass es die eine perfekte Ernährung gibt. Abwechslung im Futternapf ist für einen gesunden Hund gar kein Problem. Wuffi muss nicht jeden Tag das gleiche fressen, aber man sollte bei einer Auswahl von maximal 3-Fleischsorten bleiben. Idealerweise eine Sorte Geflügel, ein Wiederkäuer und noch etwas Drittes wie zum Beispiel eine Wildfleischsorte. Auch Pansen sind in Ordnung, doch achten Sie darauf, wie das Nutztier gefüttert wurde, denn viele Rinder werden mit Maissilage ernährt, was bedeutet, dass dann auch ihr Hund sehr viel Mais aufnimmt. 

Trockenfutter ist ebenfalls ein kontroverses Thema. Es wurde in den 80-er Jahren zum ersten Mal hergestellt und wird oft mit Bequemlichkeit gleichgesetzt. Tatsächlich gibt es Hunde, die mit Trockenfutter Uralt werden, aber Trockenfutter ist auch nicht gleich Trockenfutter. Die Qualitätsunterschiede sind oft massiv und man tut gut daran, zu bedenken, dass jene Futtermittel den Produzenten ein schönes Vermögen verdienen. Denn sowohl die Pharmaindustrie als auch Tierärzte werden von diesen Futtermittelherstellern gesponsort und verdienen sich damit oft ein reiches Näschen.  

Auch vegetarische/vegane Ernährung ist nicht per se falsch. Hunde lieben Karotten oder auch mal ein Stück Käse und wie Sie nun bereits erkennen können, ist mein Mantra: Erlaubt ist, was dem Hund guttut. Doch bevor wir den Hund zum Veganer machen, sollten wir wissen, dass diese Ernährung sehr kohlenhydratreich ist und diese unverdaut im Magen unseres Lieblings landen, wodurch über kurz oder lang der pH-Wert des Magensaftes verändert wird, was dazu führen kann, dass der Hund Erreger und Bakterien nicht mehr zerstören kann. Viele Hunde lieben vor allem veganes Trockenfutter, doch erkundigen Sie sich doch bitte zuerst, was neben den Hauptinhaltsstoffen noch so in dem Futter steckt. Ich verspreche Ihnen, Sie werden sich wundern. 

Abschließend noch ein Wort über Leckerlies und Kauartikel. Leckerlies zum Training? Kein Problem. Kauartikel? Nein, danke. Unsere Lieblinge brauchen weder Ziemer noch getrocknete Ohren, denn diese bestehen vorwiegend aus Bindegewebe und stellen lediglich Abfallprodukte dar, die im Hunde Magen-Darmtrakt oft nur Probleme auslösen. Kauen können und sollen Hunde, wenn sie zum Beispiel fleischige Knochen fressen. Wer allerdings nicht auf Ziemer und Co. verzichten möchte, der sollte diese dem Hund doch bitte vor dem Fressen anbieten, da das ständige Kauen dazu führt, dass der Magensaft angekurbelt wird und die Hunde dadurch oft an Sodbrennen oder ähnlichen Problemen leiden. So verhält es sich übrigens auch bei Kauholz und Geweihen. 

 

Aber was füttere ich denn nun meinem Hund am besten?  Ganz einfach: hören Sie auf ihren Instinkt und vertrauen Sie ihrem Hund, denn ich verspreche Ihnen ihr Liebling weiß, was schmeckt und guttut. Wem Sie jedoch auf keinen Fall vertrauen sollten, ist der Futtermittelindustrie, denn alles, was für die zählt, sind volle Taschen.